Meinung 29.11.2010 (Archiv)
HC, die Macht und die Menschen
Das Market-Institut hat wieder einmal die Kanzler-Frage gestellt. In diesem Monat war Strache erstmals vorne bei den Antworten, die Regierung deutlich angeschlagen.HC Strache liegt demnach bei 21, Faymann bei 20 und Pröll bei 10 Prozent, wenn man nach dem Wunsch-Kanzler fragt. Und selbst bei der realeren Frage nach den Parteien zeichnet sich ein Zugewinn bei den Freiheitlichen ab - dort sind sie immer noch Dritter, die Schwäche der ÖVP könnte aber einen Platzwechsel noch möglich machen.
Die Gründe für den Sprung 'nach rechts' kann man ganz offensichtlich der Regierung und dem politischen System selbst zuschreiben. Strache als Ausweg ist zwar oft keine reale Zukunftsvision sondern Protestbekundung, das Signal hört die (Regierungs-)Politik aber trotzdem nicht.
Dabei sind es nicht viele Punkte, die man in der aufgeklärten Bevölkerung dauernd hört. Österreich geht es ja eigentlich gut und selbst die Kritikpunkte rund um Integration und Kriminalität ließen sich mit Willen lösen. Was als 'Verdrossenheit' endet, ist aber die Machtlosigkeit der Wähler in diesem Umfeld, das geboten wird:
- Visionslosigkeit und Politik ohne Durchsetzungsvermögen
- Reibungsverluste (Bund/Länder, SP/VP, Kammern, ...)
- Korruptionsanfälligkeit (staatsnahe/parteinahe Betriebe, ...)
'Das kleinere Übel' wählen zu können, ist selbst für ehrliche Demokraten wenig erbaulich. Und die starke Regierung, die aktuell auch keine Wahlen schlagen muss, vertieft sich in Scharmützeln statt in großen Taten. Ein schon lächerliches Sparpaket wird aufgeknöpft, die Geschenke von der letzten Wahl wurden ohnehin kaum angetastet. Sparwillen im System gibt es nicht, egal ob im Bereich der Verwaltung, der Gesundheitsversorgung oder auch in Staatsnähe. Aus der Krise hat man auch nicht gelernt, die Weichen bei Steuern, Geld, Pensionen, Banken und Währungen werden nicht gestellt.
Auch außenpolitisch gibt es keine Erfolge. Was wurde aus dem Sitz im Sicherheitsrat, den Österreich so freudig bezogen hat? Wo ist die Innovation, die Österreich in die EU bringt? Ja nicht einmal in unserer direkten Umgebung schafft man eine Bündelung der Interessen in unserem CEE, Centropolis oder wie auch immer gelagerten Raum der Nachbarn.
Skandale und Schauspiele
Wundern tut das genauso wenig wie die Skandalanfälligkeit der Tätigkeit der Politik. Der Skylink ist da nur ein Beispiel, bei dem die Frage nach den Schuldigen wohl bei Vorständen beendet wird, das System dahinter aber unangetastet bleibt.
Die Ursache liegt in einem Zusammenspiel vieler Faktoren. Einige müsste man dringend angehen, um Handlungsfähigkeit in die Politik zu bekommen, auch wenn die handelnden Personen von sich aus keine Strahlkraft und Visionen bringen. So etwa die Sache mit Bund und Ländern - selbst eine Verländerung wie in der Schweiz die Kantone es tun, wäre besser als die Blockade aktuell (und würde auch gut in die EU passen, wo Kompetenzen des Bundes ohnehin abgewandert sind).
Einsparungen beim Staatsapparat und im Gesundheitssystem bräuchte man nur nach dem Rechnungshof auslegen, dann wäre der Budgetdruck auf einmal weg. Nimmt man den Staat aus der Wirtschaft, den politischen Druck damit aus Entscheidungen, wäre der Abfluss von Steuergeld zu diversen kostspieligen Betrieben auch schnell vorbei. Der sogenannte 'Sumpf' aus politisch motivierten Entscheidungen, Versorgungsposten, Vergaben an Parteifreunde etc. führt zur generellen Suspektheit der Politik und zu ineffizientem Geldeinsatz - dringender Handlungsbedarf! Der Trieb zu Machterhalt und Erhalt der Pfünde und Geldvergabe-Möglichkeiten lähmt den Apparat und macht ihn zum Selbstzweck...
Reformen und Druck von der Basis
So weit kommen konnte es auch nur deshalb, weil der natürliche Gegenpol fehlt. Politischer Einfluss im ORF ist da genau so ein Stichwort wie eine abhängige und gefügige Presse am Futtertrog der Politik. Und ja, wird die Zahl der Skandale einmal ausreichend groß, ist deren einzelner Effekt auch noch gering. Wem jucken schon die paar hundert Millionen, die wieder einmal wo als abhanden bekannt werden?
Es wird Zeit für radikalere Änderungen. Ein Kanzler Strache ist dabei nur Indiz für das Problem, nicht die Lösung. Die müsste schon von einer wirklich handlungsfähigen Regierung kommen (tut sie aber nicht) oder von dem Souverän selbst erzwungen werden (der schläft immer noch). Und dieser (wir!) könnte jetzt endlich wach werden - das Androsch-Bildungsbegehren stoßt etwa in offene Wunden. Wann kommen die Weisen mit den nächsten Konzepten zu den Bürgern? Wenn der Staat sich nicht selbst bewegt, muss das an der Basis passieren. Das Volk braucht dazu Leithammel, die nicht (mehr) im Sumpf selbst gesucht werden dürfen. Und immer mehr werden bereit dazu, solches Aufbegehren in der Demokratie zu unterstützen und diese damit wieder zu stärken. 'Die linken Studenten' sind das nicht mehr.
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