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Kommentar  05.01.2014 (Archiv)

Auf dem Weg in die Postdemokratie

Der Westen ist formal demokratisch und real doch durchsetzt von PR und Marketing ohne wirkliche Wahlfreiheit. Eine Analyse aus den Reihen der deutschen Piraten stellt auch deren Existenz in diesen Kontext.

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Nicht anders verhält es sich mit dem in den Verlautbarungen der Partei immer wieder propagierten Whistleblowerschutz. Die Partei begreift Whistleblower bislang als „wichtiges Korrektiv in jeder freien und demokratischen Gesellschaft“ zu dessen Schutz entsprechende gesetzliche Maßnahmen gefordert werden. Diese Einschätzung als „Korrektiv“ geht in mancherlei Hinsicht nicht weit genug. Es gibt Bereiche, in denen Whistleblowing keinen korrigierenden, sondern einen subversiven Akt darstellt. Dann nämlich, wenn die Machenschaften von Machtkartellen, korrupten Zusammenhängen, Geheimdiensten oder repressiven Bürokratien ans Licht der Öffentlichkeit gebracht werden und es zu einem gesellschaftlichen Diskurs über die jeweilige Legitimität solcher Machenschaften kommt. Es kann dann zwar sein, dass ein Zustand „korrigiert“ wird. Gleichzeitig kann Whistleblowing – zum Beispiel im Fall von geheimdienstlicher Arbeit – jedoch ein Angriff auf bestehende Ordnungen sein.

Outsider

Es wäre an der Zeit, die teilweise subversive Ausrichtung der Partei lauter und deutlicher als bisher öffentlich zu kommunizieren. Die Angst, es könnten potenzielle Wähler/innen dadurch verschreckt werden, mag in bestimmten Fällen gerechtfertigt sein. Jedoch: Wir sind keine „Volkspartei“, die allen gefallen muss. Wir sind Outsider, die erfahrungsgemäß für über 90 Prozent der Wählerschaft nicht wählbar sind. Wir müssen uns für die Negation des Status quo nicht vor seinen Verteidigern rechtfertigen. Diese Deutlichkeit muss bei uns selbst anfangen: Wir haben auch innerhalb der Partei nach wie vor mit reaktionären Kräften zu kämpfen, die neuerdings sogar den innerparteilichen „Krieg“ ausgerufen haben. Dabei bewegt sich der Großteil der Argumentation solcher Akteure, so sie über 140 Zeichen hinauskommt, auf einem staatsgläubigen und mitunter autoritären kleinbürgerlichen Niveau. Ein tatsächlicher politischer Diskurs ist von dieser kleinen aber lauten Minderheit nicht gewollt, dazu ist sie intellektuell gar nicht in der Lage. Man müsste sich auch mit solchem Gejaule nicht weiter befassen, deutete es nicht auf ein manifestes Problem der Partei hin, welches ihre Festigung stört und ihre inhaltliche Entwicklung aufhält. Dieses Problem resultiert wohl aus dem Missverständnis heraus, man müsse als Partei, die selbst Nicht-Mitglieder zum Mitmachen einlädt, auch solche Akteure tolerieren, die echte oder vermeintliche Parteigrundsätze je nach Bedarf oder privatem Gusto auslegen und so versuchen, die Partei als Spielwiese zu missbrauchen. Genauso wie die Partei in ihrer Programmatik den Status quo zumindest teilweise ablehnt, sollte sie in der Lage sein, solchen reaktionären Kräften konsequent die Tür zu weisen.

Wir sollten mit unserer Outsider-Rolle nicht hadern oder an ihr verzweifeln. Wir sollten sie akzeptieren und zelebrieren. Immerhin gehen – um doch noch eine Wahlanalyse ins Spiel zu bringen – die ersten größeren Wahlerfolge der Piraten auch auf ihren Ruf als „Anti-Parteien-Partei“ zurück. Wir können in absehbarer Zeit vielleicht nicht an diese ersten und unvorhergesehenen Erfolge anknüpfen. Wir können aber den Versuch unternehmen, uns in der nächsten Zeit besser aufzustellen und auch den Mut zu haben, bestimmte systemische Gegebenheiten offensiv in Frage zu stellen. So wie es der Titel des Bundestagswahlprogramms „Wir stellen das mal infrage“ versprach. Sowohl in der Parteiarbeit als auch in der Parlamentsarbeit kann dies durch eine gute Mischung aus Professionalität und Frechheit gelingen. Das ist leicht gesagt, bedeutet aber eine Menge Arbeit für die kommenden Jahre: Wer ein System „hacken“ will, muss es erst einmal verstehen und wer politische Abläufe „ändern“ möchte, kommt auch hier nicht darum herum, sich eingehender mit ihren Funktionsweisen zu beschäftigen. So etwas braucht Zeit und bereitet wahrscheinlich über einige Strecken keinen Spaß.

Lethargie stören

Folgt man Crouch, so ist die Entwicklung zur Postdemokratie zwar nicht aufzuhalten aber immerhin abzuändern. Und so können wir unsere Ideen und Instrumente wie zum Beispiel das bedingungslose Grundeinkommen oder das Liquid Feedback auch begreifen: Als mögliche Stellschrauben, deren Installation das System verändern würde. Das Grundeinkommen gäbe den Menschen eine zwangs- und angstfreie Existenzsicherung, das Liquid Feedback ermöglichte es allen an allen Entscheidungen teilzuhaben. Beides wäre ein radikaler Einschnitt in die bestehenden Verhältnisse. Das Problem ist, dass sich solche Einschnitte im Parlament vielleicht propagieren lassen – mehr aber auch nicht. Um solche Einschnitte tatsächlich herbeiführen zu können, ist ein gesellschaftlicher Konflikt notwendig, den man nicht mit ein paar braven Anträgen angepasster Parlamentarier/innen herbeiführt. Wir müssen weiter bis zum zivilen Ungehorsam gehen. Nur weil sich Grüne und Linke mittlerweile oft zu fein sind, den Tritt ans Schienbein der Herrschenden zu wagen, heißt dies nicht, dass dieser Tritt etwas Unfeines wäre. Den Parlamentarier/innen unter den Piraten bliebe es überlassen, die tatsächlichen Macht-Mechanismen, die Arkan-Politik und parteipolitischen Absurditäten des Parlaments für die Öffentlichkeit sichtbar werden zu lassen. Das wäre eine neue Form der Transparenz, die weiter gehen muss als die samtpfötige Forderung, man möge doch bitte seine Einkünfte als Parlamentarier/in im Internet veröffentlichen. Wer so ein Projekt angeht, die oder der kann sich in diesem parlamentarischen System nur als unbeliebter Outsider begreifen. Den verschämten Kompromiss zu suchen, nicht um einer Verbesserung, sondern um des kleineren Übels willen, ändert weder System noch Politik – nur uns. Wenn nun die These richtig ist, dass sich die „westlichen“ Demokratien auf dem Weg zur Postdemokratie befinden, dann kann es keine Option sein, sich als ändern wollende Partei diesem postdemokratischen System anzugleichen und als eine Art kleineres Übel den Status quo allein durch eigene Beteiligung zu legitimieren. Wir müssen nicht allen gefallen, es allen recht machen oder für alle etwas anzubieten haben. Im Gegenteil: Wir können guten Gewissens die postdemokratische Lethargie stören. Wir sollten dies tun, so lange es uns möglich ist – inner- und außerparlamentarisch.

Uns bleiben ohnehin nur zwei Möglichkeiten: Entweder verbiegen wir uns in diesem postdemokratischen System dermaßen stark, dass wir nicht mehr subversiv sondern systemstabilisierend wirken – dann bleibt von der Piratenpartei nur ein Abziehbild der anderen Parteien übrig. Oder wir bleiben subversive Outsider. Dann werden wir verlacht und bekämpft und müssen uns bewusst sein, dass wir diesen Konflikt früher oder später durch Assimilation oder Niedergang verlieren werden. Wir sollten die zweite der genannten Möglichkeiten wählen. Wenn wir schon untergehen, dann wollen wir dies aufrechten Ganges tun.

Beachten Sie die unterhalb angegebene CC-Lizenz und Quelle sowie die dortigen Ergänzungen und Fußnoten.

Peira/CC BY NC ND/Stand 01/2014 | www

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#Politik #Deutschland #Piraten #Demokratie #Analyse



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