Blog 05.11.2020 (Archiv)
Jihadismus und Terrorismus
Der Mörder von Wien wurde vom *isten bis hin zu wienerischen Schimpfwort-Varianten alles Mögliche genannt. Letzteres braucht keine Klärung, die Ismen brauchen aber sprachliche Sortierung.'Oaschloch', also 'Arschloch', nannten ihn die Leute, die von oben herab das Treiben des Terroristen sehen mussten. Das blieb hängen. Die vielen anderen Bezeichnungen eher nicht und nur selten kann man sie auch richtig einordnen. Sehen wir da also genauer hin.
Terrorist ist also einer, der durch seine Taten Angst und Schrecken verbreiten will. Er ist erfolgreich, wenn das Gegenüber drauf einsteigt und emotional zurückschießt. Dass Wien jetzt sachlich bleibt, die Tat als kriminell einordnet und nicht generalisiert macht den Erfolg des 'Oaschloch' zunichte. Der Täter war jedenfalls selbsternannter Jihadist, also einer, der den Jihad leben will. Das ist der Kampf für eine Art gottgefälliges Leben, normalerweise ein innerer Kampf. Unter 'Ungläubigen' (nicht Muslimen) wird der Jihad eher als externer Kampf gegen ebendiese angenommen, also ein gewaltsamer Auftritt gegen alle, die in deren Augen nicht islamisch korrekt leben.
Im IS, dem sogenannten Islamischen Staat, wollten die Islamisten unter sich leben (und andere unterwerfen bzw. vertreiben). Die Terrororganisation wollte damit ein Kalifat aufbauen, scheiterte aber. Der Terror in der ganzen Welt wird dazu benutzt, um Anhänger stärker zu binden und aufmerksam auf sich zu machen.
Apropos Islamist, also Person, die den politischen Islam radikal vertreten mag. Politisch, weil nicht die religiöse Richtung gemeint ist, sondern das, was darüber hinaus existiert. Eine Gesetzgebung und Regelung der Welt, die aus der Religion abgeleitet wird. Der Islamist will diese Weltordnung haben, manche von ihnen auch gewaltsam. Die nennen wir dann Radikale und Extremisten, erstere kommen von einer radikalen Änderung (heute würden wir 'disruptiv' sagen) und zweitere von der extremen Einstellung (die wir auch von Neo-Nazis oder extremen Linken kennen). Die sind dann oft auch Fanatisten, die besonders stark involviert und angetrieben sind. Fans mit starker Fixierung also, krankhafte Anhänger vielleicht.
Und war der Terrorist vielleicht auch ein Fundamentalist? Also einer, der seine Grundsätze ultimativ sieht, keinen Millimeter Kompromisse machen kann und anderen gegenüber damit keinerlei Toleranz üben kann? Vermutlich. Als Islamist war er auch Anhänger der Teil-Art Salafist, die sich auf die Lehren des Propheten Muhammad auch heute noch recht streng wörtlich beruft. Die Wahhabisten sind dabei noch kompromissloser. Alle sind Muslime, nach hinten hin unterwerfen sich die Islamisten dann immer stärker den ursprünglichen Regelwerken, ohne Adaption und Interpretation für die heutige Welt und eine moderne Auslegung zu erlauben.
Auch begrifflich ist die Bandbreite also groß und die Unterscheidung zwischen Religion und Politik wichtig. So distanzieren sich Muslime regelmäßig von Kriminellen, die im Namen des gleichen Glaubens Schrecken verbreiten. Im Gegenteil, die Helden der Terrornacht in Wien, die einen Polizisten und eine ältere Frau aus dem Kugelhagel retteten, waren Muslime. So wichtig wie die Unterscheidung ist es auch, die Begriffe präzise einzusetzen, um das richtig zu benennen, was man ansprechen will. Der Text möchte dazu eine kurze Einführung geben.
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